Bürgergutachten zu Ernährung übergeben

20. Februar 2024

Der Bürgerrat „Ernährung im Wandel“ hat am 20. Februar 2024 seine Empfehlungen an Bundestagspräsidentin Bärbel Bas und die Fraktionen des Bundestages übergeben. Die Losversammlung hatte am 14. Januar 2024 neun Empfehlungen zur Verbesserung der Ernährungspolitik beschlossen. Zu den Vorschlägen gehören ein kostenloses Mittagessen in Kindergärten und Schulen, gesunde Lebensmittel ohne Mehrwertsteuer und eine bessere Tierwohl-Kennzeichnung. Die geloste Bürgerversammlung war der erste offiziell vom Bundestag eingesetzte Bürgerrat.

Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern sind folgende Punkte für eine bessere Ernährung wichtig.

  1. Kostenfreies Mittagessen für alle Kinder: Bundesweit soll an allen Kindergärten und Schulen kostenfreies und gesundes Mittagessen angeboten werden.

  2. Bewusstes Einkaufen leicht gemacht durch ein verpflichtendes staatliches Label: Für alle in Deutschland und der Europäischen Union verkauften Produkte soll es ein verpflichtendes staatliches Laben geben. Das Label soll die Bereiche Klima, Tierwohl und Gesundheit einzeln berücksichtigen und soll wissenschaftlich fundiert sein.

  3. Verpflichtende Weitergabe von genießbaren Lebensmitteln durch den Lebensmitteleinzelhandel: Supermärkte und andere Lebensmittelgeschäfte ab einer Größe von 400 Quadratmetern Verkaufsfläche sollen verpflichtet werden, noch genießbare Lebensmittel, die sonst weggeworfen würden, an gemeinnützige Organisationen weiterzugeben.

  4. Lebensbedingungen und Herkunft von Tieren transparent darstellen: Ein verpflichtendes und staatlich kontrolliertes, ganzheitliches Tierwohllabel soll den gesamten Lebenszyklus von Nutztieren abbilden.

  5. Neuer Steuerkurs für Lebensmittel: Die Definition von Grundnahrungsmitteln soll überarbeitet werden. Darunter sollen in Zukunft auch Produkte wie pflanzliche Milchersatzprodukte, Fleischersatzprodukte und alle nach Bio-Standards erzeugten Produkte fallen. Zucker soll hingegen nicht mehr als Grundnahrungsmittel gelten und damit die darauf erhobene Mehrwertsteuer auf 19 Prozent angehoben werden. Auf Produkte wie unverarbeitetes und tiefgefrorenes Obst und Gemüse in Bio-Qualität, Hülsenfrüchte, Nüsse und Vollkorngetreide sowie Mineral- und Tafelwasser soll keine Mehrwertsteuer mehr erhoben werden.

  6. Gemeinschaftsverpflegung in Pflegeeinrichtungen: In Krankenhäusern, Reha-, Senioren- und anderen Pflegeeinrichtungen soll der Zugang zu gesunder und ausgewogener Ernährung sichergestellt werden.

  7. Verbrauchsabgabe zur Förderung des Tierwohls: Mit einer zweckgebundenen Verbrauchsabgabe auf tierische Produkte soll der Umbau der Tierhaltung hin zu einer artgerechten Nutztierhaltung finanziert werden. Die Einnahmen aus der Verbrauchsabgabe sollen für eine Tierwohlprämie genutzt werden, die landwirtschaftliche Betriebe kontinuierlich erhalten, wenn sie die Haltungsform verbessern. Dabei soll gelten: je besser die Haltungsform, desto höher die Prämie.

  8. Altersgrenze für Energydrinks: Für den Kauf von Energydrinks und ähnliche Produkte soll ein Mindestalter von 16 Jahren eingeführt werden.

  9. Mehr Personal für Lebensmittelkontrollen und bessere Transparenz: Die Berufsordnung für Lebensmittelkontrolleure soll so so geändert werden, dass die Zugangshürden für diesen Beruf gesenkt werden. Kontrollergebnisse sollen der Öffentlichkeit auf einfache Weise zugänglich gemacht werden.

Zudem hat der Bürgerrat in einer übergreifenden Empfehlung festgestellt, dass Aufklärung und Bildung das Fundament für alle anderen Empfehlungen des Bürgerrats sind.

Die ausführlichen Empfehlungstexte und weitere Einzelheiten zu deren Entstehung finden Sie im Bürgergutachten des Bürgerrates (PDF, 56 Seiten). 

„Im Bürgerrat wurde Demokratie gelebt“

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas hatte den Mitgliedern des Bürgerrates bereits an ihrem letzten Sitzungswochenende gedankt: „Demokratie geht uns alle an. Im Bürgerrat ‚Ernährung im Wandel‘ wurde Demokratie gelebt, in einem Klima von Offenheit, Neugier und Mut zum sachlichen Austausch. Ich danke allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern dafür, dass sie sich die Zeit genommen haben, sich tief in das Thema Ernährung einzuarbeiten.

Durch ihre Empfehlungen haben sie wichtige Impulse für unsere parlamentarische Arbeit gegeben. Sehr konkrete Empfehlungen wie ein kostenfreies Mittagessen für alle Kinder oder eine Altersgrenze für Energydrinks sind nun auf dem Tisch, mit denen wir uns jetzt als Abgeordnete auseinandersetzen werden. Mit diesen Empfehlungen sollten sich alle Fraktionen im Deutschen Bundestag intensiv beschäftigen. Der erste Bürgerrat des Deutschen Bundestages ist ein gelungenes und innovatives Beispiel für lebendige Demokratie.“

"Es hat wirklich gut geklappt"

Die bei der Übergabe des Bürgergutachtens anwesenden Vertreter der verschiedenen Bundestagsfraktionen zeigten sich mit dem Bürgerrat-Verfahren zufrieden. „Es hat wirklich gut geklappt“, stellte so die SPD-Abgeordnete Marianne Schieder fest. Man habe sich in der Berichterstattergruppe der Fraktionen zum Bürgerrat bereits sehr intensiv damit auseinandergesetzt, wie gewährleistet werden könne, dass die Bürgerrat-Empfehlungen im Bundestag behandelt werden.

„Wir freuen uns darauf, den den nächsten Bürgerrat zu beauftragen“, so Schieder. Man werde sich mit dem Evaluationsteam, das die Durchführung des Bürgerrates beobachtet und ausgewertet hat, darüber beraten, was man beim nächsten Bürgerrat besser machen könne.

"Instrument vom Kopf auf die Füße stellen"

Für die CDU/CSU-Fraktion zollte der Abgeordnete Philipp Amthor den Bürgerrat-Teilnehmern Dank und Anerkennung. In einer Pressemitteilung kündigte er an, das „Instrument Bürgerrat vom Kopf auf die Füße stellen“ zu wollen. „Notwendig sind etwa ein schlüssiges und gutes Verfahrensreglement und die effektive Wahrung von Minderheitsrechten“, so der Fachsprecher der seiner Fraktion für Staatsorganisation und Staatsmodernisierung sowie Vertreter der Fraktion in der interfraktionellen „Berichterstattergruppe Bürgerrat“.

Der Grünen-Abgeordnete Leon Eckert erklärte, dass man bei Bürgerräten noch im Experimentierstadium sei. „Der erste Bürgerrat muss auch dazu dienen, das Instrument für eine Fortsetzung als neues Element unserer Demokratie kritisch zu prüfen“, sagte das stellvertretende Mitglied im Unterausschuss Bürgerschaftliches Engagement. Seine Fraktion gehe mit Offenheit in die zweite Runde.

"Wir brauchen neue Experimente"

Stephan Thomae (FDP) sieht das Experiment Bürgerrat als geglückt an. „Demokratie bleibt nie stehen, wir brauchen neue Experimente“, erklärte der Liberale, der für seine Fraktion in der Berichterstattergruppe Bürgerräte sitzt.

„Der Bericht, den sie vorgelegt haben, überzeugt mich, da steckt viel Zeit und Herzblut drin“, kommentierte der AfD-Abgeordnete Götz Frömming die Bürgerrat-Empfehlungen. Trotzdem bleibe seine Fraktion gegenüber dem Instrument Bürgerrat skeptisch. Die AfD wünsche sich mehr direkte Demokratie durch Volksentscheide.

Vom Bürgerrat beeindruckt

Der CDU/CSU-Abgeordnete Hermann Färber erklärte als Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Ernährung und Landwirtschaft: „ „Was ich erlebt habe, kann ich nur beschreiben mit großem Engagement, Leidenschaft und spürbar eigener Betroffenheit, die Sie da alle an den Tag gelegt haben." Was er während seines Besuchs des Bürgerrates erfahren habe, habe ihn sehr beeindruckt. „Ich wünsche ihnen und uns, dass ihre Empfehlungen ein Stück weit gehört werden, auch dann, wenn sie unbequem sind, das ist nicht nur ihr Wunsch, das wäre auch mein Wunsch“, so Färber.

Aus Sicht des unabhängigen wissenschaftlichen Beirates des Bürgerrates erklärte der Ernährungspsychologe Dr. Thomas Ellrott, dass der Beirat die Zusammenarbeit mit dem Bürgerrat sehr geschätzt habe. „Ein großes Wow von unserer Seite dafür, auf welchem Niveau die Empfehlungen diskutiert worden sind.“ Laut Beiratsmitglied Prof. Melanie Speck spiegeln die Empfehlungen den wissenschaftlichen Konsens zum Thema Ernährung wieder.

"Querschnitt der Bevölkerung erlebt"

Prof. Detlef Sack und Nora Freier stellten den Evaluationsbericht vor, den das Institut für Demokratie- und Partizipationsforschung der Bergischen Universität Wuppertal zusammen mit dem Meinungsforschungsinstitut Verian erstellt hatte. Danach hat der Bundestag mit dem Bürgerrat zur Ernährung tatsächlich einen Querschnitt der Bevölkerung erlebt. 84 Prozent der Teilnehmer werteten ihre Teilnahme am Bürgerrat als positive Erfahrung. 69 Prozent seien zufrieden mit den Empfehlungen. Zudem hielten laut einer vom Evaluationsteam durchgeführten Umfrage 79 Prozent der Bundesbürger die Einsetzung des Bürgerrates Ernährung für eine gute Idee.

Das Thema Ernährung sei mit einem hohen Aufwand beim Prozessmanagement und einem hohen Zeitdruck verbunden gewesen. Teilnehmer hätten das Verhältnis zwischen Präsenz- und Online-Sitzungen durchaus kritisch bewertet. Zudem sei der Bürgerrat nicht mit der Entwicklung der Entwicklung der Ernährungsstrategie des Ministeriums für Ernährung und Landwirtschaft verzahnt gewesen. Trotzdem habe der Bürgerrat die ursprünglich gesetzten Ziele vollständig erreicht.

Im Anschluss an die Stellungnahmen aus Fraktionen, wissenschaftlichem Beirat und Evaluationsteam entstand zwischen ebenfalls anwesenden Fachpolitikern aus allen Fraktionen und Teilnehmern des Bürgerrates eine Diskussion über einzelne Maßnahmenvorschläge des Bürgerrates. Besonders intensiv diskutiert wurde dabei die Empfehlung für ein kostenfreies Mittagessen für Kinder in Kitas und Schulen.

Thema durch Bundestag festgelegt

Das Thema des Bürgerrates hatten die Abgeordneten festgelegt. Der Ältestenrat des Bundestages hatte dazu eine Berichterstattergruppe Bürgerrat berufen, in der alle Fraktionen des Deutschen Bundestages vertreten sind. Die Berichterstattergruppe hatte unterschiedliche Themenvorschläge diskutiert und sich schließlich auf das Thema „Ernährung im Wandel: Zwischen Privatangelegenheit und staatlichen Aufgaben“ verständigt. SPD, Grüne, FDP und Linke hatten diesen Themenvorschlag als Antrag in den Bundestag eingebracht. Die Mehrheit der Abgeordneten hatte dem Antrag am 10. Mai 2023 zugestimmt

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Bürgerrates waren bundesweit aus allen Einwohnerinnen und Einwohnern ab 16 Jahren ausgelost worden. Der Bürgerrat sollte die Vielfalt der Gesellschaft möglichst gut abbilden und auch die Stimmen sichtbar machen, die sonst in der politischen Diskussion weniger präsent sind. Dafür wurden die 160 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in einem mehrstufigen Verfahren per Zufallsauswahl ermittelt.

In einem ersten Schritt wurden 19.327 Personen zufällig über die Melderegister von 82 ausgelosten Gemeinden in ganz Deutschland ermittelt und angeschrieben. 2.220 davon bekundeten ihr Interesse an einer Teilnahme. Aus diesen Rückmeldungen wurden durch einen Computer-Algorithmus 1.000 mögliche Bürgerräte mit je 160 Teilnehmerinnen und Teilnehmern zusammengestellt, von denen Bundestagspräsidentin Bärbel Bas am 21. Juli 2023 einen ausgelost hat.

Abbild der Bevölkerung

Bei der Zusammensetzung der 1.000 potentiellen Bürgerräte wurde darauf geachtet, dass der Algorithmus die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bezüglich Alter, Geschlecht, Herkunft (Bundesland und Gemeindegröße) und Bildungshintergrund so ermittelt, dass in jedem der 1.000 Bürgerräte genau die Anteile an der Bevölkerung in Deutschland widergespiegelt werden. Zudem wurde sichergestellt, dass der Bürgerrat Ernährung genau den Anteil der sich vegetarisch oder vegan ernährenden Personen an der Bevölkerung abbildet.

Die erste Sitzung des Bürgerrates fand am letzten September-Wochenende 2023 statt. Darauf folgten zwei weitere Wochenenden in Berlin und insgesamt sechs Online-Sitzungen zur vertieften Diskussion und Zusammenstellung der Empfehlungen in einem Bürgergutachten.

Die teilnehmenden Bürgerinnen und Bürger hatten 50 Euro für jede digitale Sitzung sowie 200 Euro für die Teilnahme an den Präsenzsitzungen in Berlin (jeweils von Freitagnachmittag bis Sonntagmittag) erhalten, insgesamt also bis zu 900 Euro. Zudem wurden ihnen kostenlos Hotelzimmer und Verpflegung gestellt und die Reisekosten erstattet.

„Eine große Ehre für mich“

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zeigen sich sehr erfreut über ihre Auslosung. Das war natürlich eine große Ehre für mich. Ich hätte das nicht erwartet, weil es ja wirklich sehr, sehr unwahrscheinlich ist, dass man da drankommt. Und als ich dann trotzdem ausgelost wurde, war das eine sehr schöne Überraschung“, sagt so etwa die 16-jährige Schülerin Hengwin Chammo aus Bad Salzuflen. „So oft hat man im Leben ja doch nicht soviel Glück. Wenn das jetzt immer so ist, spiele ich auch Lotto“, scherzte Hudson Luis (32) aus Köln.

Die Bremer IT-Administratorin Nicola Wilkeit findet es „eine gute Sache, das nicht immer nur überlegt wird, was könnte denn gut sein für die Bürger, sondern die Bürger werden gefragt, was wollt ihr denn?“ Der 20-jährige Andreas Dirr aus Pfaffenhofen an der Roth sagte: „Wenn Leute solche Gelegenheiten öfter haben, kann das viel dazu beitragen, dass man wieder einen normalen Diskurs hat.“ Kilian Busche aus Barntrup erklärt die besondere Qualität des Bürgerrates: „Natürlich ist man nicht mit allen einer Meinung. Aber genau darum geht es ja: sich mit verschiedenen Standpunkten auseinandersetzen und seinen eigenen Horizont zu erweitern.“

Bereits das erste Bürgerrat-Wochenende hatte Eindruck hinterlassen. „Wir waren total verschiedene Menschen. Jeder findet Gehör, das finde ich sehr wichtig“, erklärte die Rentnerin Ute Hilbert aus Burscheid in einem WDR-Interview. „Dieses Hintergrundwissen, dieser Background, das war sehr interessant und das hat mich schon weiter gebracht“, meint Magdalena Putze-Heinrich aus Rehlingen-Siersburg. Susanne Keßler (55) aus Hannover schwärmte davon, wie gut es sich angefühlt hat, im Bürgerrat so viele Informationen zu bekommen, gehört zu werden und sich an einem solchen Prozess beteiligen zu können.

Fragen an die Teilnehmer

Im Einsetzungsbeschluss zum Bürgerrat hatten die Abgeordneten den Teilnehmerinnen und Teilnehmern einige Fragen mit auf den Weg gegeben, wie zum Beispiel: „Was erwarten die Bürgerinnen und Bürger in der Ernährungspolitik vom Staat?“, „Was gehört zu einer transparenten Kennzeichnung von sozialen Bedingungen, von Umwelt- und Klimaverträglichkeit und von Tierwohlstandards?“, „Wie können die Bürgerinnen und Bürger bei Kaufentscheidungen im Hinblick auf eine gesunde Ernährung besser unterstützt werden?“ oder „Welchen steuerlichen Rahmen soll der Staat für die Preisbildung von Lebensmitteln setzen?“

Mit welchen Schwerpunkten sich der Bürgerrat in diesem Spannungsfeld von individueller Freiheit und Verantwortung für die Gesellschaft konkret beschäftigt hat, hatten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer selbst entschieden. Im Vordergrund sollten dabei Maßnahmen stehen, die der Deutsche Bundestag beeinflussen kann, da er der Empfänger der Empfehlungen sein wird.

Information durch Experten

Expertinnen und Experten hatten dafür gesorgt, dass alle Mitglieder des Bürgerrats ungefähr den gleichen Wissensstand zum Thema des Bürgerrats haben. Dafür haben sie kurze Vorträge und Präsentationen für die Ausgelosten gehalten. Sie standen auch für Rückfragen zur Verfügung. Das Gespräch mit den Expertinnen und Experten fand in der großen Runde statt. Die eigentlichen Debatten haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer jedoch in kleinen Gruppen geführt, zu denen die Expertinnen und Experten keinen Zutritt hatten. So wurde sichergestellt, dass die Diskussion fair und ergebnisoffen verläuft.

Bei der Frage, welche Expertinnen und Experten Vorträge halten sollen, war der Wissenschaftliche Beirat unterstützend tätig. Er bestand aus elf Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern von Hochschulen oder staatlich anerkannten Einrichtungen, die von den Fraktionen im Deutschen Bundestag benannt wurden. Der Wissenschaftliche Beirat hatte die Bürgerinnen und Bürger außerdem unterstützt, indem er ihre Maßnahmenvorschläge geprüft hat und eine Einschätzung abgegeben hatte, welche Wirkungen damit verbunden wären. So konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei ihrer letzten Sitzung eine informierte Entscheidung darüber treffen, was sie den Abgeordneten empfehlen wollten.

Behandlung im Parlament

Nach der Übergabe des Bürgergutachtens des Bürgerrates an Bundestagspräsidentin und Bundestagsfraktionen am 20. Februar 2024 fand am 14. März 2024 in erster Beratung eine Aussprache im Plenum des Deutschen Bundestages statt. Anschließend wurde das Bürgergutachten an den Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft sowie mitberatend an den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, den Ausschuss für Gesundheit und den Ausschuss für Klimaschutz und Energie überwiesen.

Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft hatte sich am 24. April 2024 in einem ersten Gespräch mit einigen Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Bürgerrates zu deren Bürgergutachten ausgetauscht. Der Bundestag berichtet hier darüber. Am 13. Mai 2024 hatte sich der Ausschuss in einem öffentlichen Fachgespräch mit der Bürgerrat-Empfehlung zu einem kostenfreien Mittagessen in Kindergärten und Schulen befasst. In einem Fachgespräch am 10. September 2024 ging es um die Empfehlung zu einer Altersgrenze für Energydrinks. Bei einer weiteren Anhörung 23. September 2024 stand das Thema "Weitergabe noch genießbarer Lebensmittel" auf der Tagesordnung des Ausschusses. Im vierten Fachgespräch am 4. November 2024 ging es um die Empfehlung "Bewusstes Einkaufen leicht gemacht durch ein verpflichtendes staatliches Label".

Am 7. September 2024 fand im Rahmen des Bürgerfestes des Bundestages eine Diskussion von Bürgerrat-Mitgliedern mit Ausschuss-Mitgliedern über den Bürgerrat und die Umsetzung von dessen Empfehlungen statt.

Linke fordert kostenfreies Mittagessen

Am 17. Oktober 2024 hatte der Bundestag über die Forderung der Gruppe Die Linke nach einem kostenfreien Mittagessen an allen Schulen und Kitas debattiert. Im Anschluss an die Aussprache wurde der Antrag mit dem Titel „Mittagessen - kostenfrei, gesund und lecker - In allen Schulen und Kitas“ zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen. Am 6. November 2024 hatte der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft rechtliche und finanzielle Maßnahmen für die Einführung eines kostenfreien Mittagessens in Kitas und Schulen diskutiert.

Die Bundesregierung wird in dem Antrag aufgefordert, die Finanzierung eines kostenfreien Mittagessens für alle Kinder in Kindertageseinrichtungen und Schulen zu mindestens 50 Prozent aus dem Bundeshaushalt zu gewährleisten. Ein Investitionsprogramm soll sicherstellen, dass Schulen und Kitas den Bau beziehungsweise Umbau geeigneter Räumlichkeiten für Küchen und Mensen „für eine praktische Ernährungsbildung und eine frische Essenszubereitung in den Einrichtungen ermöglichen können“, heißt es in dem Antrag.

Thema Ernährung in Lehrpläne

Außerdem soll der Aufbau von kommunalen Küchen gefördert werden. In diesem Zusammenhang soll die Förderung einer regionalen Wertschöpfung aufgebaut werden, damit „für das Mittagessen vorrangig regionale, saisonale und Bio-Lebensmittel genutzt werden“, schreiben die Abgeordneten.

Schließlich sollen in Lehrplänen die Themen „Ernährung“ und „Lebensmittel“ stärker als bisher verankert werden, und zwar sowohl auf einer theoretischen als auch auf einer praktischen Ebene. Die Verpflegung soll dabei in das pädagogische Gesamtkonzept von Kita und Schule integriert werden. Kinder und Jugendliche seien zudem bei der Auswahl des Speiseangebotes und der Einrichtung der Mensen aktiv mit einzubeziehen. Außerdem sollen Trinkwasserspender in allen Kitas und Schulen kostenfrei zur Verfügung gestellt werden.

SPD verspricht kostenloses Mittagessen

Die SPD will nach der Bundestagswahl ein kostenloses Mittagessen für Schüler einführen. Ihr Generalsekretär Matthias Miersch sagte der "Bild am Sonntag" am 8. Dezember 2024: "Ich arbeite im Moment an einem Konzept, was die Umsetzung des Bürgerrats beinhaltet: ein kostenfreies Mittagessen in den Schulen für alle."

Auf die Frage, ob vom kostenlosen Mittagessen alle Schüler von der ersten Klasse bis zum Abitur profitieren sollen, sagte Miersch: "Das wird noch feinjustiert werden. Das ist ja auch eine Frage, die der Bund mit den Ländern zusammen managen muss." Ein kostenfreies Essen an den Schulen verhindere gesundheitliche Folgekosten, die die Volkswirtschaft gerade trage - etwa deshalb, weil Kinder durch falsche Ernährung krank würden.

Für Bildung zuständig sind die Bundesländer. Miersch betonte aber: "Wir wissen um die Finanzquellen der Länder. Insofern wird dieses Konzept eine Gegenfinanzierung beinhalten, sodass hier nicht einseitig die Länder belastet werden." Wie teuer die Umsetzung werde, sei noch unklar, "aber wir gehen davon aus, dass es ein Milliardenbetrag ist".

Information für Teilnehmer und Öffentlichkeit

Nach Abschluss der parlamentarischen Beratungen entscheidet der Bundestag, wie er mit den Ergebnissen weiter umgeht. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Bürgerrats und die Öffentlichkeit werden über den Gang der parlamentarischen Beratungen informiert. Sie erfahren dadurch auch, ob Ergebnisse abgelehnt, teilweise oder ganz übernommen werden.

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