Regionaler Leitartikel Bürgerrat Klimaschutz: Aus Alibi-Beteiligung wächst Bürgerzorn

Meinung | Saarbrücken · Es ist sinnvoll, die saarländische Bevölkerung bei der Entscheidung zu weitreichenden Klimaschutzmaßnahmen mitreden zu lassen. Kontraproduktiv ist es aber, das erst dann zu tun, wenn diese Entscheidungen längst von der Politik getroffen wurden, findet SZ-Autor Florian Rech.

Die Klimaschutzpolitik der saarländischen Landesregierung stand in den letzten Jahren häufig in der Kritik.

Foto: BeckerBredel

Mehr Bürgerbeteiligung wagen und so gerade bei dem oft heiß diskutierten Thema Klimaschutz für mehr Akzeptanz sorgen. Das ist eine sehr gute Idee. Denn die Maßnahmen, die zur Erreichung der saarländischen Klimaschutzziele nötig sind, werden tief ins Alltagsleben einschneiden. Die Saarländer werden ihre Häuser umbauen und sanieren müssen, sollen weniger Auto fahren, und ob das größte Klima-Projekt, die Transformation der Stahlindustrie mit zehntausenden Jobs, gelingt, ist alles andere als sicher. Gut also, wenn man einen Querschnitt der Bevölkerung an diesen Entscheidungen beteiligt.

Fahrlässig und kontraproduktiv ist es aber, wenn man das so macht, wie die Landtagsverwaltung unter Heike Winzent (SPD) mit ihrem neuen Bürgerrat zum Klimaschutz. Denn mit dem saarländischen Klimaschutzgesetz und dem für Mitte des Jahres angekündigten Klimaschutzkonzept mit seinen über 400 Klimaschutzmaßnahmen wurden von der Legislative und der Exekutive alle Leitentscheidungen in Sachen Klimaschutz in unserem Bundesland bereits getroffen. Und erst danach, wenn auf gut Saarländisch „der Käs gess is“, werden die Bürgerinnen und Bürger beteiligt? Eine echte Bürgerbeteiligung hätte nicht am Ende, sondern am Anfang des politischen Entscheidungsprozesses stehen müssen.

Zweieinhalb Jahre hat die Landesregierung mit wissenschaftlicher Unterstützung über ihrem Klimaschutzkonzept gebrütet, um die „effektivsten“ Klimaschutzmaßnahmen mit der „höchsten Realisierungswahrscheinlichkeit zu identifizieren“. Wird sie sich von einem Bürgerrat zum Klimaschutz, dessen Empfehlungen keinerlei bindenden Charakter haben, überzeugen lassen, dass es noch bessere, eventuell auch teurere Klimaschutzmaßnahmen gibt und die schon zuvor beschlossenen Projekte dann noch ändern? Oder wird der Bürgerrat am Ende zum Feigenblatt statt zu einem echten Beteiligungsinstrument? Aus einer Alibi-Beteiligung wird nur mehr Politik-Verdrossenheit wachsen.